Unser Dank gilt natürlich auch den vielen ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürgern, die sich auch im vergangenen Jahr wieder für unsere Stadt eingesetzt haben.
Bad Wimpfen steht mitten in und vor neuen, großen Herausforderungen.
Die Coronapandemie hat das letzte Jahr und wird auch dieses Jahr maßgeblich beeinflussen. Wir mussten alle unserer Feste absagen – alle unsere Geschäfte und Restaurants sind wieder geschlossen – und wir wissen nicht wie lange diese Maßnahmen noch notwendig sein werden.
Die Kitas – Kindergärten und Schulen sind geschlossen und die Kinder müssen zu Hause betreut werde. Der Unterricht an PC oder Laptop gestaltet sich als schwierig.
Während die Eltern im Homeoffice versuchen Ihre Arbeit zu erledigen, brauchen die Schulkinder Hilfe am PC – das Internet wackelt – und die Kleinsten können sich noch nicht alleine beschäftigen.
Eltern leiden und können nicht wie gewohnt Ihrer Arbeit nachgehen.
Existenzsorgen, Einsamkeit, Stress in engen Räumen oder Kinder die sich eingesperrt fühlen sind nur einige der vielen Herausforderungen im Moment.
Aber was wäre die Alternative - es gibt sie nicht …
Bisher sind über 50.000 Menschen in Deutschland am oder mit dem Coronavirus verstorben und es werden täglich mehr. Inzwischen kennt fast jeder von uns Familien, die betroffen sind.
Dieses Virus freut sich auf die geforderten Lockerungen – wir müssen für das Überlebens unserer älteren Generation jetzt hart bleiben. Ich finde es unerträglich, wenn, warum auch immer –Öffnungsphantasien verbreitet werden , die wenn realisiert Menschenleben kosten werden.
Die Bekämpfung der Pandemie hat momentan ohne jeden Zweifel Priorität. Doch die wirkliche große Bedrohung unseres Planten, die langfristig viel verheerendere Folgen haben wird, dürfen wir darüber auf keinen Fall aus den Augen verlieren. Den Klimawandel!
Leider nimmt die Klimakatastrophe keine Rücksicht auf unsere Befindlichkeiten. Corona lenkt nur davon ab, dass die Erwärmung der Welt weiter voranschreitet.
Zum Glück ist Amerika dem Pariser Klimaabkommen wieder beigetreten. So keimt doch wieder Hoffnung auf, dass wir es als Menschen schaffen können zusammenzuarbeiten, um unseren Kindern eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen.
Aber in Bad Wimpfen ?
Hier wird in der kalten Jahreszeit die Baustelle am blauen Turm wieder beheizt – um die Bauzeit so kurz wie möglich zu halten.
Wir halten diese Maßnahme für unverantwortlich. Es fallen erneut riesige CO2 Emissionen an, die wir unseren Kindern und Enkeln als Problem hinterlassen.
Das Zahlen einer „Klimakompensation“ dieser völlig unnötigen CO2 Mengen – ist eine Augenwischerei, soll das schlechte Gewissen beruhigen, ist aber nicht gut genug für das Klima, denn vermeiden steht weit vor kompensieren. Und diese Maßnahme wäre vermeidbar gewesen.
Das das Problem des Vermeidens immer noch nicht verstanden wurde sieht man beispielhaft auch am nächtlichen Beleuchten der neuen Lidl Zentrale. Hier wurde darauf hingewiesen, dass man nur energiesparende Beleuchtung verwende. Aber eine Lampe die aus ist braucht gar keinen Strom und macht keine Lichtverschmutzung.
Und jetzt zur nächsten Herausforderung, dem Thema des Abends: der 2021èr Haushalt – ein Zahlenwerk, das insgesamt knapp 450 Seiten umfasst – liegt uns allen vor. Die Pläne und damit verbundenen geplanten Ausgaben sind enorm.
Wir wollen einen Radweg bauen , die Straßen sanieren und auch in der Altstadt barrierefrei werden, das Feuerwehrmagazin ausbauen, die Verkehrswende planen, und so vieles andere mehr - Wir haben Sorgen wegen der aus unserer Sicht auf unsicheren Füßen stehenden Finanzierung,
Es gibt viele Ausgaben – die nur gedeckt sein werden – wenn die Einnahmen auch tatsächlich so fließen wie wir uns das erhoffen.
Hier sehen wir große Risiken – so fehlen 1,5 Millionen Euro -falls sich der Umzug der Lidl Zentrale verzögern sollte. Ist das in Coronazeiten wirklich so abwegig ? Wir denken nicht.
Für den Radweg und die Planung der Umgehungstraße sind Zuschüsse verplant – die zwar beantragt wurden – deren Bewilligung aber nicht sicher ist.
Meine Damen und Herren: Eine solide Finanzplanung sieht anders aus.
Und der Meinung scheinen nicht nur wir GRÜNEN zu sein. Da verweise sich auf Seite neun des Haushaltsplanes, auf der es wörtlich heißt:
„Ein anderes Bild zeigt demnach die mittelfristige Finanzplanung. Diese zeigt vor allem Dingen eines, nämlich, dass die Wünsche und Notwendigkeiten größer sind, als ihre Finanzierbarkeit.“
Wünsche sind das eine, da würde uns auch noch viel einfallen. Aber ein städtischer Haushalt ist kein Wunschzettel. Ein Haushaltsplan muss die Selbstverpflichtung einer Stadt sein, verantwortungsvoll mit den Mitteln, die zur Verfügung stehen umzugehen. Wer Mittel verplant, die noch gar nicht sicher in der Kasse sind, verplant im schlechten Fall die Zukunft der nachfolgenden Generation. Denn diese muss die Schulden bezahlen und ihr sind somit die Hände auf lange Zeit gebunden, neues zu Planen und eigene Ideen umzusetzen.
Und da möchte ich Sie Herr Brechter auch ganz perönlich ansprechen. Sie sind im letzten Jahr Ihrer Amtszeit – einer Zeit in der Sie ohne jeden Zweifel sehr viel für unsere Gemeinde geleistet haben.
Aber lassen Sie ihrer Nachfolgerin oder Ihrem Nachfolger bitte die Luft, eigene Ideen und Pläne einzubringen und umzusetzen und zwingen sie sie oder ihn nicht von an Anfang an in ein finanzielles Korsett, dass wir ihr oder ihm mit diesem Haushalt heute umlegen würden, indem wir sämtliche vorhandenen und erhofften Mittel auf Jahre hinaus verplanen
Und damit kommen wir in den Bereich des Zwischenmenschlichen, des Umgangs miteinander. Dafür möchte ich mir etwas Zeit nehmen.
Denn die Finanzen sind nur eines der Probleme mit denen wir aktuell kämpfen. Unsere Arbeit im Gemeinderat ist leider seit Beginn dieser Legislaturperiode von Streit, Machtkämpfen und gegenseitigen Verunglimpfungen geprägt.
Bisher habe ich geglaubt, dass die gewählten Vertreterinnen und Vertreter in unserem Gemeinderat nur das Wohl unserer Stadt im Blick haben – ich habe angenommen, dass man dem politischen Gegner – bei aller unterschiedlichen Meinung abnimmt, das auch Sie oder er gute Gründe für ihre Argumentation haben – dass man sich gegenseitig respektiert – akzeptiert – wertschätzt.
Inzwischen merke ich, dass das nicht mehr der Fall ist. Man hört sich nicht mehr zu – sondern schüttelt schon bevor ein Argument vorgebracht wurde den Kopf, zeigt Verachtung, macht verächtlich.
In Zeitungsartikeln werden andere Parteien und Meinungen herabgewürdigt, verunglimpft, es werden Lieder mit erniedrigendem Inhalt im Internet an andere Mitglieder des Gemeinderats geschickt, man grüßt sich nicht mehr in der Stadt sondern weicht auf die andere Gehwegseite aus …
Bürgerinnen und Bürger, die an unseren öffentlichen Sitzungen teilnehmen, verlassen diese Kopfschüttelnd und irritiert. Wir verlieren unsere Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung. Manche zweifeln inzwischen sogar schon die Ernsthaftigkeit unseres Gremiums an.
Meine Damen und Herren - so können wir nicht weitermachen -. So bringen wir unsere Stadt nicht voran – so kann man nicht arbeiten.
So gießen wir nur Wasser auf die Mühlen der Gegner demokratischen Arbeitens und schwächen die Demokratie.
Wir müssen uns jetzt alle zusammenreißen. Wenn wir es nicht schaffen muss eine Moderation uns helfen wieder vernünftig miteinander umzugehen – denn ich bin davon überzeugt, dass wir nur dann sinnvolle Arbeit für Bad Wimpfen leisten können, wenn wir uns gegenseitig respektieren – ernst nehmen – immer unterstellen, dass die Andere, der Andere gute Gründe für seine Meinung hat und dabei bei aller diskrepanten Meinung freundlich im Umgang bleiben. Wir müssen uns nicht lieben aber wir können uns respektieren.
Nur so kann Politik im Großen – wie auch im Kleinen – lokal - funktionieren. Wenn wir das schaffen, dann traue ich es uns auch zu, große Projekte in Angriff zu nehmen und die Herausforderungen zu bewältigen.
Aktuell aber haben wir Zweifel – Zweifel vor allem ob die geplanten Einnahmen kommen werden – Zweifel ob, wir bei den vielen Ausgaben richtig liegen, Zweifel ob die Coronakrise nicht noch größere finanzielle Engpässe schaffen wird und ob wir nicht auf zu großem Fuße leben.
Wir werden den Haushalt daher dieses Jahr ablehnen .
Ich bedanke mich bei allen Zuhörerinnen und Zuhörern
Martin Feuerstein, Bündnis 90/ die Grünen